Gestatten, Schulz – Birgit Schulz

… mit der Lizenz zum TrolleSchubsen.

 

 

 

Am Ende wird alles gut – Ist es nicht gut, ist es noch nicht am Ende!

Da hab ich doch mal einen Schritt auf meinem Ryckweg mit dem 7MeilenStiefel hingelegt. Dazu brauchte es einen Lieblingsmenschen, die, mit mir im Hinterkopf (sorry Sysse für das enorme Gewicht, das du für eine kurze Weile auf deinen Schultern tragen musstest), eine freie Stelle postete. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort schrie ich durch das große WWW „HIER!!!  – Ich will – ich will – ich will – BITTE!!!“ und wurde erhört. Bewerbungsunterlagen zugesandt UND…

TADAAAAAA

Anstellungsvertrag
Ich will – und ich darf – der Traumjob!

Forumsmoderatorin (Teilzeit) eines nicht nur Polittalks darf ich mich jetzt nennen – und dann auch noch meines Lieblingstalks und im HomeOffice.

So habe ich im April schon moderiert und eine ganze Reihe interessante, konstruktive und spannende Diskussionen erlebt, quasi über ganz viele Tellerränder hinausgeschaut. Neben den Fragen, ob ein Beitrag den Forumsregeln entspricht und der Netiquette entspricht, ist die Frage aller Fragen stets – ist das Meinung oder kann das weg? Das ist auch ein immerwährendes sich selbst hinterfragen, denn mit der einen oder anderen Meinung geh ich ja nicht zwangsläufig konform, nur weil ich sie freigebe -ich will und muss sie als andere Meinung akzeptieren. Gott sei dank bin ich in einem vierköpfigen Moderator*innenTeam untergebracht und kann im Zweifel und bei Selbstzweifeln nachfragen. Die Jahre, die ich in der Initiative #ichbinhier aktiv war,  sind eine weitere große Hilfe – auch wenn wir in diesem Forum selbst nicht aktiv mitdiskutieren, was es im Vergleich zu #ichbinhier viel, viel einfacher macht – zumindest mir. Die Kolleg*innen sind wunderbar und so vergeht eine 5 StundenSchicht wie im Flug und ist am Ende auch zu Ende – bis zur nächsten Schicht.

So, in zwei Stunden beginnt meine nächste Schicht – darum mach ich für heute mal einen Abflug!

 

 

Meinen Umgang mit meiner Depression

hat in den letzten Jahren besonders der Autor, Schriftsteller und Kabarettist Torsten Sträter geprägt. Für mich einer der glaubwürdigsten prominenten Vertreter und nicht umsonst Schirmherr der Deutschen Depressionsliga.

Torsten Sträter spricht mir sprichwörtlich aus der Seele und hat für sich einen, wie ich finde, bewundernswerten Umgang mit der Krankheit.

Zitatesammlung:

Depressionen sind schlimm. Hoffnungslosigkeit, schwarze Löcher im Seelenleben, bleierne, lähmende Antriebslosigkeit – gar nicht so einfach, das für Außenstehende in Worte zu fassen; aber nicht darüber zu sprechen, ist fahrlässig, ja geradezu albern. Also: Reden wir darüber. Mit dem Arzt. Der Familie. Der Welt. Dann kann sich diese Krankheit schon mal warm anziehen.

Die erste Regel im Depressions-Club: Rede drüber. Die zweite Regel: Wenn du im Club bist, musst du kämpfen! Die dritte Regel besteht aus der ersten und der zweiten Regel.

Menschen mit Depressionen, das sind für mich keine schwachen, sondern die stärksten Leute, die rumlaufen. Weil für sie jeder Tag ein Kampf ist – und zwar gegen Depressionen. Also einen Gegner der stinkt, der sich grundlos prügeln will und immer wieder aufsteht. 

Depressionen haben manchmal keinen für dich erkennbaren Grund. Du kannst Graf Koks sein und goldene Zeppeline fliegen und trotzdem erwischt es dich eines Mittwochs.

 >>Scheiße drauf sein<<  ist wie ein Tatort mit den Muppets. Nicht das Gelbe vom Ei, aber es geht vorbei. Depressionen hingegen sind wie alle drei Teile von Herr der Ringe – in Zeitlupe – mit Jean Claude van Damme als Gandalf und Musik von Andrea Berg.

…ich würde  jeden von Depressionen betroffenen Politiker dazu auffordern, auf seinem Plakat ein smartes Statement dazu abzugeben. Denn Schweigen ist fahrlässig.

Eine Depression ist ja nicht so leicht zu ertragen wie eine Wurzelbehandlung am Zahn: Ibuprofen einwerfen und dann ist Ruhe im Karton. Wenn man jedoch einmal erlebt hat, wie die schwarze Nacht sich über einen senkt oder eine heftige Panik­attacke hatte, dann trägt man danach sogar ein Fan-T-Shirt für Psychopharmaka. Die Chemie kann – zumindest kurzfristig – all die Dinge dieser Erkran­kung ausbremsen, auf die der Mensch wenig Einfluss hat – zum Beispiel gewisse Botenstoffe im Gehirn oder körperliche Reaktionen. Obwohl Medikamente natürlich keine langfristige Lösung sind. Aber allein, wenn durch sie für Betroffene wieder ein Licht am Horizont auftaucht, hat sich ihr Einsatz gelohnt.

Solange nicht klar ist, wo-rauf eine Depression fußt, ist das in meinen Augen totaler Quatsch. Stattdessen kann ich auch ein Computerspiel wie Angry Birds spielen, bis der Psychologe endlich Zeit hat. Ich fürchte, dass eine App niemals ein Heilsbringer sein kann. Im Gegenteil: Einige der digitalen Anwendungen lösen vermutlich noch Depressionen aus.

Im Notfall kann man immer noch in die Psychiatrie gehen. Daran ist ja überhaupt nichts Schlimmes. Wenn ich ­einen Fußboden verlegen möchte, schaue ich ja auch nach einem Experten für den Job. Das ist mit der Psychiatrie nichts anderes, finde ich.

Es dauert sicher noch 20 Jahre bis das Krankheitsbild so etabliert ist, dass jeder weiß: Es kann auch mich treffen. Und bis dahin wird es leider noch genug Leute geben, die sagen: Was bist du denn so scheiße drauf, ich mach’ mal das Fenster auf, damit frische Luft reinkommt.

Heute kehren meine Depressionen in Schüben wieder, überfallen mich, ganz unabhängig von Aktivitäten und Jahreszeit. Aber sie werden glücklicherweise seltener. Mittlerweile merke ich, wenn sie sich wieder anschleichen und entwickele schnell Gegenmechanismen. Wichtig ist, dass man den Kampf aufnimmt. Heute muss sich die Krankheit vor mir warm anziehen.

Wenn ich merke, es geht nicht mehr, dann mache ich Dinge wie: ab nach New York. Ich bin lieber depressiv in New York, spaziere durch die Stadt, schaue einen amerikanischen Film und lasse mir die Sonne auf den Kopf scheinen, als dass ich zu Hause bleibe. Im Zweifelsfall rufe ich meinen Arzt an und kündige ihm an, dass ich bald ein Notfallmedikament brauche.

Zitate/Quellen:

  • https://torsten-straeter.de/
  • https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-282018/depressionen-schweigen-ist-fahrlaessig/
  • https://depressionsliga.de/ueber-uns/torsten-straeter/

Zum Schluss möchte ich noch eine Sendung verlinken, die mich irre beeindruckt hat. Mein erstes und bislang auch letztes Mal, dass ich in Chez Krömer reingeschaltet habe, eben weil Torsten Sträter zu Gast war.

Ab Minute 9.50 Uhr nimmt das typisch launige Krömer – Gespräch eine sehr spannende Wendung und macht diese Sendung sehr besonders.

Großer schwarzer Hund – Großer schwarzer Vogel

Die Bilder, die an Depressionen erkrankte Menschen wählen sind schwarz und tierisch. Das große schwarze Loch scheint abgelöst. Vielleicht liegt es daran, dass sich die tierischen Vertreter*innen gemäß des Befindens eher verkleinern lassen.

Mein Bild ist derweil der große schwarze Vogel, der mir mit dem Schatten seiner gigantischen Flügenspannweite in den letzten Jahren das Leben verdunkelt hat. Derweil bin ich im vierten Jahr – vier Jahre mit viel Hoffnung und Resignation, Vorfreude und Erwartungsängsten, (Selbst)Liebe und (Selbst)Hass. Ein Auf & Ab, unter dem nicht nur ich, sondern auch meine MitMenschen leiden.

Erst die Depression und als wäre das nicht schon heftig genug, sich ihr zu stellen, gesellte sich im vergangenen Jahr die PTBS dazu. Aus dem nichts barst nach mehr als 40 Jahren der perfekten Verdrängung, des perfekten Verschlusses die Schatulle meiner Vergangenheit und ließ die darin eingepferchten Dämonen wieder frei.

Fand ich es vorher schon extrem schwer, mich meinem großen schwarzen Vogel zu stellen, sollte ich nun schmerzhaft lernen, was wirklich extrem schwer ist. Das alles hätte ohne meine wundervolle Psychologin nicht funktioniert. Ihre Zuwendung, Beharrlichkeit und ja auch Sturheit ließen mich an meine psychischen Grenzen und weit darüber hinweg gehen.

Die Behandlungsmethode schimpft sich IRRT – „Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy“

Die IRRT ist eine Therapiemethode zur Behandlung von UNTER ANDEREM PTBS

Visuelle und verbale Interventionen werden kombiniert, um Zugang zu belastenden traumabezogenen Bildern zu gewinnen, diese zu konfrontieren, zu transformieren und emotional zu bewältigen.
Quelle: https://www.irrt-deutschland.de/

Ich habe es gehasst, es hat mir Angst gemacht und mich anfangs unfassbare Überwindung gekostet. Dabei waren die regelmäßigen Videoaufnahmen nicht einmal das Schlimmste – sondern die daran anschließende tägliche Auseinandersetzung damit – das immer wieder selbstständige Ansehen, Anhören.und Dokumentieren.

Doch es wurde besser. Es wurde einfacher. Irgendwann gehörte das Ansehen der Imagination zum Alltag dazu, Gesagtes und Gesehenes verloren an Gewicht und Härte und damit wurde ich stärker.  Ich möchte niemandem etwas vormachen. Es tat zwischendurch richtig scheiß weh, das zu bearbeiten, was so tief in mir 4 Jahrzehnte schlummerte und ich wünsche mir heute noch, dass es nie, niemals nie ans Tageslicht gekrochen wäre. Aber es ist da – es war da – es war und ist wahr, auch wenn sich zu Beginn der IRRT alles in mir und an mir dagegen gewehrt hat.

Gestern hatte ich meine vorletzte Sitzung bei meiner Psychologin und sie unterzog mich dem IRRT-Abschlussfragebogen. Leider habe ich ihn im Netz nicht gefunden. Das Ergebnis war eine freudig lächelnde Psychologin. Frau L. schloss mit den Worten, dass die Diagnose PTBS nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Sicher gibt es noch das eine oder andere Symptom. Doch damit „kann ich um“.  Was bleibt ist die rezidivierende Depression, doch Frau L. erlebt mich sehr aufgeräumt und stark, so dass wir unserem letzten Termin kommenden Monat entspannt entgegensehen können. Natürlich gibt es zum Abschluss nochmal einen dicken Fragebogen, der ihre Einschätzung untermauern soll.

Für mich ist es schon seit Wochen ein etwas beklemmendes Gefühl,  der letzten Sitzung entgegen zu sehen. Neben der Tatsache, dass mir meine Psychologin echt ans Herz ge- und in meinen Wochenrhythmus eingewachsen ist, versuchen natürlich immer wieder Zweifel an mir zu nagen – ob ich das schaffe? Ob ich das kann? Komm ich alleine klar?

NATÜRLICH! Erstens habe ich immer nochmal die Möglichkeit Frau L. auf den Zünder zu gehen, zweitens habe ich mit meinem sozialen Umfeld und der Arche die besten Therapeuten neben Frau L. am Start und drittens, ist der große schwarze Vogel zur Zeit ein kleiner schwarzer Spatz, der mir immer wieder ins Ohr tschilpt, dass ich stark bin, dass ich gut bin, wie ich bin und ich ruhig auch ein bisschen stolz auf mich sein darf, denn:

„Menschen mit Depressionen, das sind für mich keine schwachen, sondern die stärksten Leute, die rumlaufen. Weil für sie jeder Tag ein Kampf ist.“
Zitat: Torsten Sträter

 

Mein letzter FREI-Tag

… und die Aufregung ist riesig.

Am Dienstag noch, ließ ich mich von meiner neuen wunderbaren Psychiaterin und Mittwoch von meiner Psychologin einnorden und briefen. Neben einem zusätzlichen leichten Antidepressiva für die Nacht bekam ich allerlei Mut zugesprochen und Mantras mit auf den Weg. Immerhin beschäftigte mich der Termin am nächsten Tag beim Amt schon seit Erhalt und löste so manche zusätzliche PanikAttacken und noch stärkere körperliche Beschwerden und Schlafstörungen aus.

„Was kann Ihnen denn schlimmstenfalls passieren?“

Ich hasse diese recht schlaue Frage meiner Psychologin, ist doch schon alleine der Termin der schlimmste Fall. Wie schon in einem meiner vorherigen Beiträge erörtert, verbinde ich mit diesem Amt sowohl eigene schlechte Erfahrungen, als auch dunkele Erinnerungen an Besuche mit ehemaligen Schützlingen. Aber es nützt ja alles nichts. Zum einen: „Watt mutt, datt mutt.“ und ich möchte ja auch… Andererseits schwebt die Frage über mir, ob ich überhaupt schon kann? Ich merke es ja schon an der Weiterbildung „Tiergestützte Arbeit“, wie schwierig das mit der Konzentration ist. So hat mich diese „Anhörung wegen des Verdachts auf sozialwidriges Verhalten“ völlig aus der Bahn und damit aus dem Lernen geworfen, mich gelähmt und paralysiert . Ohne die fabelhafte Unterstützung der Caritas, hätte ich dieses Problem sicher nicht alleine bewältigen können. Da macht man sich vor diesem Amt komplett nackig, macht freiwillig sogar noch Angaben, die eigentlich dort überhaupt nichts zu suchen haben und dann wird einem im fiesesten Amtsdeutsch Betrug unterstellt. Und das nur, weil der Gesprächspartner am Telefon nicht richtig zuhört, nicht richtig verstehen will kann und auch nicht nachfragt – Düdümm, dann hat man den Salat. Sowas kann passieren und nach den Erfahrungen mit diesem Amt und der These der selbsterfüllenden Prophezeihung, passiert es natürlich auch! Wenn dann noch in der Einladung steht, dass coronabedingt keine Begleitung gestattet wird, klemmt der An-Schalter des depressiven  Kopfkinos auf ewig.

Natürlich war ich, trotz Helferlein-Pillchen und vieler, vieler guter Worte und Wünsche super aufgeregt, mir war schwindelig und übel – aber es gab kein Entrinnen. Der Masterplan stand fest – Ganz ruhig und souverän bleiben *gackerprust*, mich nicht provozieren lassen und auch das Gegenüber nicht provozieren, Erinnerungen und Erfahrungen abschütteln und möglichst unbefangen in das Gespräch gehen. Nichts sofort unterschreiben, sondern mitnehmen, drüber schlafen, mit einer meiner Verbündeten oder dem Verbündeten schlechthin erörtern und dann erst handeln.

Findet den Fehler, ach was – die Fehler. Alles nicht gerade meine Stärken – wenn es um mich selbst geht. Für andere kann ich das in vollendeter Coolness.

Denn erstens kommt es anders, als man zweitens denkt.

Die Begrüßung war sehr freundlich und entgegenkommend, die Coronaregeln wurden erläutert und die persönlichen Daten geprüft. Dann begann der freundliche „Herr Gegenüber“ mir eine Brücke zu bauen, wie er es nannte. Brücke wohl im Bezug auf die Anhörung und wie sich später herausstellte, lag das ganze Mistverständnis in einem falschen Kreuzchen, das ich setzte in meinem Antrag, den ich tatsächlich voller Stolz ganz alleine ausfüllte – Das hatte ich nun davon. Ich biss mir auf die Zunge und ließ „Herrn Gegenüber“ ausreden. Er erzählten von Gesetzesgrundlagen und Möglichkeiten, Ermessen und seiner Brücke.  Als er Pause machte, hörte ich mich fragen, wo ich unterschreiben kann, er lächelte und sagte etwas von: „Das hatte ich ja gehofft, aber dass Sie sich so freuen.“  Ich untermauerte nochmal, dass ich ja willig sei, mich auch bemühe und Bewerbungen schreibe, dass ich aber immer auch schauen muss, was gesundheitlich geht und was nicht. In dem Falle seines Angebotes weiß ich, dass ich das schaffe – oder sagen wir, hoffe ich sehr, dass ich das schaffe und bin mir sicher, dass ich mit dieser Einsatzstelle großes Glück habe und dort auch jede Unterstützung erfahren werde.

Und nun?

Ratet mal! Welche Einsatzstelle könnte wohl mein großes Glück sein? Na? Keine Idee? Dann lass ich mal Bilder sprechen.

Unglaublich oder? Ab Dienstag bin ich, nach neun Jahren, wieder  fünf Tage die Woche für je vier Stunden Mitarbeiterin des Tierparks Greifswald.

Selbstnatürlich habe ich einen Mordsrespekt vor der neuen Aufgabe, aber da schwingt auch jede Menge Freude mit, an diesem meinem vorerst letzten FREI-Tag.

Ich schaffe das?!

Absolutes Glück

durfte ich heute für 30 Minuten erleben, genießen, einsaugen.

Vorher – Nachher

Diese halbe Stunde absoluten Glücks schenkte mir heute Lisa, die grauwollige PommernZibbe und Old-Lady des Schafquintetts von der Arche Brandshagen.

Kuscheln, knutschen, streicheln, dösen… mein lachte, die Seele strahlte, meine Psyche atmete einmal tief durch. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich in den letzten drei Jahren mit der Diagnose so tiefenentspannt und ganz einfach glücklich war – ohne TiniTussi, ohne Mindfuck – einfach nur in dem Moment.

Größt mögliche menschliche Enttäuschung oder…

Es war nicht das Beste, aber es kam zum Schluss.

Der Versuch,  meine Enttäuschung und mich zu sortieren.
Ziehe sich den Schuh an, wem er passt.

Vor 21 Jahren verlor ein, nein – der für mich mit genialste Musiker innerhalb einer Woche seinen Bruder und seine geliebte Frau an Krebs. Eine Tragödie, wie sie nur das Leben schreiben kann. Ein Jahr später, vor 20 Jahren, erschien seine Trauer und der Versuch diese zu verarbeiten in Form eines endgenialen Musikalbums.

Ein Appell an die Menschlichkeit

Mensch – Herbert Grönemeyer

Heute schreiben wir den 1. Januar 2022

und der Weg hin zu diesen grauen, vernieselten Morgenstunden zeigte einmal mehr, wie wenig Appelle,  „Regeln“, „Maßnahmen“, Aufrufe, Bitten an die Menschlichkeit verhallen, ungehört verklingen und Leute (ich weigere mich mehr denn je, sie Menschen zu nennen, weil ihnen jegliche Menschlichkeit fehlt) dazu anstachelt, genau das Gegenteil von dem zu tun, was nicht nur ihren Liebsten, ihren Mitmenschen und im Großen gedacht, der Gesellschaft gut tun würde.

Silvester 2021, 2325 Uhr, es „zischt und knallt“

bereits seit Stunden, empfindet es ein Unbekannter als seine persönliche Freiheit und notwendigen Ausdruck seiner eingebildeten Stärke und Männlichkeit, einen PolenBöller in einen Lichtschacht zu werfen. Der Knall kommt einer Detonation gleich. Lisbeth B. eine 89jährige liebenswerte Bewohnerin des Hauses erleidet durch die gewaltige Schall- und Druckentwicklung einen massiven Schock. Zu ihrem großen Glück ist ihr Enkel vor Ort, ein Medizinstudent auf dem besten Weg ein großartiger Arzt zu werden, der sich seiner Oma sofort annimmt und Schlimmeres verhinderte. Nicht auszudenken, er müsse mit ihr jetzt in eine Klinik, die mit CovidPatient*innen aus- und überlastet ist.

Wohl nur ein Beispiel von vielen, das sich von gestern bis weit in die frühen Morgenstunden des Neujahrmorgens abspielte, weil sozial schwache, asoziale, rücksichtslose, völlig verquere und wohl am eigenen Leben gescheiterte Personen glauben, sie definieren was Freiheit ist und diese  für sich gepachtet haben.

Ja, auch die Silvesterknallerei betreffend bilden die, die sich an keine Appelle, „Regeln“, „Maßnahmen“, Aufrufe, Bitten halten wollen, eine Minderheit – das zeigen auch viele Videos aus der Stadt, die in Teilen feuerwerksfrei war. Aber auch diese Minderheit ist penetrant, radikal und laut. Denn: „Hallo?! Wir sind das Folck!!!11!!“

Und warum? – Weil sie es können!

Weil jene Institutionen, die sich mit „Regeln“, „Maßnahmen“, Aufrufen und Bitten an uns wenden, diesem furchtbaren Mob nichts entgegenzusetzen zu haben scheinen.

Weil viele Polizist*innen die geifernden Radikalen lieber gewähren lassen, als sich in eine Konfrontation zu begeben, in die sie sich vielleicht privat ja auch nicht begeben würden oder, die einfach zu gefährlich erscheint, oder weitere Eskalation befürchten lässt. Leider kann man/frau sich in Greifswald ja immer noch nicht des Eindrucks erwehren, dass die Rechtsauffassung des einen oder anderen Polizisten einem gleichnamigen,  leichten Drall unterliegt – aber das nur ein Eindruck.

Weil jene Institutionen, die es in ihrer politscher Hand haben, Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zu erlassen, sich nach zwei Jahren Pandemie immer noch vor der lauten radikalen Meute wegzuducken scheint. Da wird von Eigenverantwortung gefaselt, obwohl es die Leute in der Vergangenheit mehrfach bewiesen haben, wie verantwortungslos sie sind. Da wird freundlich darum gebeten mit erhobenenm „DuDuDu-Zeigefinger“, anstatt klare Kante zu zeigen und zu sagen – NEIN, es gibt nur kein Feuerwerk zu kaufen, es wird grundsätzlich im öffentlichen Raum verboten und für den privaten Raum gilt ein Verbot von F2-Feuerwerk !  Aber nein… ich zitiere aus dem SocialMedia-Auftritt der Stadt Greifswald, interpretierbares Rumgeeier farbig markiert:

+++ Einschränkung des Silvesterfeuerwerks +++
Bund und Länder haben am 2. Dezember aus Infektionsschutzgründen beschlossen, zu Silvester und Neujahr den Verkauf von Pyrotechnik zu verbieten. An publikumsträchtigen Plätzen soll es ein Feuerwerksverbot geben.
Der Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder appelliert gemeinsam mit der Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald an alle Greifswalderinnen und Greifswalder, kein Silvesterfeuerwerk zu zünden: „Bitte verzichten Sie zum Wohle aller auf Feuerwerk und meiden Sie Menschenansammlungen.“
Ungeachtet der Bund-Länder-Regelung besteht ein Abbrennverbot von pyrotechnischen Gegenständen gemäß § 23 Abs. 1 der ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz: „Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen ist verboten.“ Unter www.greifswald.de/feuerwerk zeigt eine Stadtkarte die einzelnen relevanten Orte und Gebäude auf, in deren unmittelbarer Nähe ein Abbrennverbot von pyrotechnischen Gegenständen in Greifswald gilt.
Quelle Pyroplan: ©12/2021 www.greifswald.de

 

Vielleicht geht es ja tatsächlich nur mir so, was ich kaum glauben kann, aber das ist meinem Empfinden nach WischiWaschi in Bild und Wort, viel Grauzonen, null konsequent und wenig bindend. Und das wussten einige maximal für sich auszunutzen.

Hinzu kommt, dass dieses Rumgeeiere für steten Unmut sorgt und das derweil auch bei den bislang geduldigsten und einsichtigsten Bürgerinnen und Bürgern. Klarheit lassen im Verständnis der Bürger*innen leider alle  politisch Verantwortlichen vermissen.

Mit dem Freiheitsgefühl und der Ruhe, mit der so manche*r ihr/sein Feuerwerk zündete, können mutmaßlich wirkliche Kontrollen nicht stattgefunden haben. Hätten diese stattgefunden, gäbe es zur Rauchentwicklung mindestens einen ShitStorm. Nach der 30sten F2-Rakete (danach hab ich das Zählen aufgegeben), Innenstadt, Markt, vertiefte sich dieser Eindruck. Da fragen sich die Menschen, die sich seit zwei Jahren konsequent nicht nur an Regeln halten,  sondern vielleicht auch gerne einem Feuerwerk beigewohnt oder selbst ein paar Raketen verschossen hätten (dazu zähle ich nicht!), wozu? Aber das ist Spekulation. Ich frage mich indes, wenn es doch eh wumpe ist, warum dann überhaupt noch WischiWaschiRegeln?

Kurzum, es gibt halbgare Appelle, „Regeln“, „Maßnahmen“, Aufrufe und Bitten, an die sich ein Teil der Bevölkerung Greifswalds nicht gebunden fühlt, weil diese ihre Freiheit einschränken und den Spaß rauben. Darum scheißen sie sprichwörtlich auf Rücksicht, Mitverantwortung und Miteinander. Sie scheißen auf Mensch und Tier.

Symbolbild Risikogruppen

Sie scheißen auf die Menschen, die sich ob ihres Alters oder physischer/psychischer Einschränkungen nicht wehren können, denen Feuerwerke alljährlich Angst machen, krank machen. Sie scheißen einmal mehr auf jene großen und kleine Menschen, die aus Kriegsgebieten gerade frisch hier angekommen sind und die alleine die Sounds in blanke Panik versetzen. Ja, ich möchte sogar mutmaßen, dass sie auf ihre eigenen Kinder scheißen (und in dem Moment des Schreibens detoniert erneut ein Böller). Was für Vorbilder sind jene Erwachsene, die ihren Kindern vermitteln, dass Regeln ohne Konsequenzen gebrochen werden können, dass Politik und Gesetze so lange gebeugt werden können, bis sie dem eigenen Weltbild entsprechen, etc.?

Auf der anderen Seite sind jene Menschen, denen wenn nicht das Ende der Pandemie dann wenigstens eine Einschränkung dieser am Herzen liegen, die alles dafür tun, damit wieder ein bisschen Normalität in unser aller Leben einzieht  Menschen, die einem Feuerwerk seit je her skeptisch gegenüber stehen, die jedes Jahr aufs Neue vor den Gefahren dieser Polen- und anderer illegaler Böller warnen, die darum wissen und es vielleicht sogar alljährlich erleben müssen, welche Höllenqualen Tiere erleiden.

Besonders aber sind da die Menschen, die neben ihrem Einsatz gegen das Virus, sich Tag und Nacht  kümmern, die pflegen, die am Leben erhalten, die sich sprichwörtlich den Arsch aufreißen, um all jenen den Wohlstandsarsch zu retten, die es auch in diesem Jahr wieder nicht sein lassen konnten und sich unter Umständen selbst oder Unbeteiligte gefährden und verletzten.

Sollte jetzt jemand fragen wollen, ob ich denn etwas unternommen hätte, muss ich leider sagen, NEIN. Ich habe zuhause gesessen, bin von einer Panikattacke in die nächste gerutsch und habe damit meinem geliebten HerzMenschen ziemlichen Kummer bereitet. Zudem bin ich im Augenblick nicht lebensmüde. Alle Versuche mit Worten im realen und im digitalen „Leben“ auf die Leute zuzugehen, sie, wenn nicht zu überzeugen, sie wenigstens zu überreden, sind gescheitert und endeten im Zweifelsfall mit beleidigendem BullshitBingo oder Andeutungen und Geschwurbel, was mir Angst um meine körperliche Unversehrtheit einflüsterte.

Entsprechend groß ist meine Enttäuschung und ja, ich gebe zu, meine Wut. Meine Wut auf die Unbelehrbaren, die Sozial Schwachen, auf die, die auf alles scheißen, was ihnen vermeintlich die Freiheit nimmt – egal, ob das ein Mundschutz ist, Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen oder der Appell, sich friedlichere, stillere und sozialere Alternativen zu suchen, mit denen sie die bösen Geister des vergangenen Jahres vertreiben können.

Es war nicht das Beste, aber es kam zum Schluss.

Das war mein Versuch,  meine Enttäuschung und mich zu sortieren.

Vor 21 Jahren verlor ein, nein – der für mich mit genialste Musiker innerhalb einer Woche seinen Bruder und seine geliebte Frau an Krebs. Eine Tragödie, wie sie nur das Leben schreiben kann. Ein Jahr später, vor 20 Jahren, erschien seine Trauer und der Versuch diese zu verarbeiten in Form eines endgenialen Musikalbums, das heute noch so aktuell ist, wie vor 20 Jahren.

Ein Appell an die Menschlichkeit

Und der Mensch heißt Mensch
Weil er irrt und weil er kämpft
Und weil er hofft und liebt
Weil er mitfühlt und vergibt

Das mit dem Vergeben, das muss ich echt noch üben.

Dankbarkeit

Es ist wieder soweit – Weihnachten. Wir feiern den Geburtstag eines jungen Mannes mit den wohl meisten Follower*innen auf der Welt.

Wer mich kennt weiß, dass ich nicht die große Feiermeierin bin. So bedeutet für mich Weihnachten eher und auch Besinnlichkeit, Dankbarkeit und Reflektion. Das wohl größte Geschenk haben mir das Leben und ich mir selbst gemacht. Zwar bin ich immer noch nicht gesund im Hinblick auf die Depression und weiteres Ungemach, aber ich bin gesund durch dieses Jahr gekommen, was sicher nicht selbstverständlich ist. Andererseits ist das mit ein Grund für diese imense Dankbarkeit, die ich empfinde. Ich habe dieses große, große Glück in ein Umfeld eingebettet zu sein, das sich auch in diesem Jahr der riesigen Herausforderung Corona stellte, sich in dieser Zeit mehr als sozial und solidarisch zeigte, das respektvoll miteinander umging. Wir achteten aufeinander, nahmen mit Abstand Rycksicht und hielten uns auch sonst an die wenigen ganz einfachen Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders. Ich möchte fast behaupten, dass es diese Regeln für die tollen Menschen in meinem Umfeld gar nicht gebraucht hätte, aber das ist Spekulation

So blieben wir weitestgehend alle verschont und stellen uns nun nicht nur der nächsten Welle, sondern auch den Einschränkungen, die es nicht gäbe, würden sich alle Menschen an die wenigen Regeln halten. Wie traurig muss ein Leben sein, wenn man nicht das Bedürfnis hat sich selbst und seine Liebsten zu schützen? Eine Frage, die ich mir sehr häufig stelle. Was ist in einem Leben alles schief gelaufen, dass dieses Leben so an Wert verliert, dass man selbst eine Bedrohung nicht sehen will, wenn sie in Form eines sterilen, medizinischen Tubus vor einem steht? Wie kann ein halbwegs intelligenter „Mensch“ so viel Hass in sich tragen, dass sie/er nicht nur sich selbst, sondern auch viele, viele andere, an ihrem/seinen Leben weitestgehend unbeteiligte Menschen gefährdet?

Ich rege mich immer darüber auf, wenn Menschen, denen es nicht so gut geht, die finanziell schwach gestellt oder sogar unterhalb der Armutsgrenze ihren Weg gehen, als „sozial schwach“ betitelt werden. Wenn ganze Stadtteile als „sozial schwach“ dargestellt und diffamiert werden. Nur weil sie weniger Geld haben, einen schlechteren Zugang zu Bildung und vielleicht nicht mit dem berühmten goldenen Löffel im Mund geboren wurden? Nein, sozial schwach ist meiner Meinung eine Person, die es an sozialem Verhalten vermissen lässt. Schwurbler*innen, Leugner*innen, sich allem und jedem Verweigernde – das sind die sozial schwachen unserer Gesellschaft, die uns allen gerade lauthals und teilweise gewaltsam in Wort und Tat das Leben noch ein bisschen schwerer machen.

Einmal mehr bin ich froh und sehr dankbar, dass mein soziales Umfeld ein anderes ist.  So ist nicht nur meine Familie gesund und verhältnismäßig gut durch die Krise bis hierher gekommen, sondern meine Lieblingsmenschen, Freund*innen, gute Seelen und Herzkäferchen auch.

Ich weiß nicht, was das kommende Jahr für mich bereit hält. Wenn ich wieder eines gelernt habe in 2021, dass mittel- und langfristige Pläne wenig sinnvoll sind. Naja und „gute Vorsätze“ halte ich ja schon immer für sinnbefreit. Zumal ich es in den vergangenen Jahren kaum geschafft habe, meine guten Vorsätze für den nächsten Tag umzusetzen. Doch ich weiß sehr wohl, was mir gut getan hat – nämlich einen Fuß vor den anderen auf dem Ryckweg zu setzen, vorsichtig, aber nicht ängstlich. Der schwarze Hund wird mich begleiten, mal als kleiner Schoßhund, vielleicht auch nochmal als große, bedrohliche Bestie. Ich habe gelernt, ihn an der Leine zu führen und ggf. klein zu halten. Ich bin sozusagen „guter Dinge“, wenn auch mit einer ordentlichen Portion Respekt vor dem Leben – denn wie wir alle wissen, etwas unberechenbareres als das Leben gibt es nicht. Ganz sicher aber, werde ich auch Ende 2022 wieder viele gute Gründe haben dankbar zu sein für dieses Geschenk, für dieses Leben.

In diesem Sinne

By the way – Geimpft, gechipt, entwurmt, stubenrein, sozial unverträglich, kann alleine sein, futterneidisch, mit Frustrations- und Depressionshintergrund und…

ab 28. Dezember eine von 30 Millionen, nämlich geboostert!

TherapieGlück

Bevor ich mich nach dem dritten Adventwochenende den „Monopolpulmolog*innen“, bzw. den Fachärzt*innen mit Monopolstellungen widme, möchte ich mit euch ein paar Minuten meines WochenendGlücks teilen.

Ich habe es ja schon oft beschrieben, wie sehr mir die Zeit mit den Tieren der Arche Brandshagen durch die letzten drei Jahre, besonders aber durch die Depression helfen. Bei aller Liebe zu meiner Psychologin – und die ist wirklich riesig – sind die Vierbeiner der Arche einfach nicht zu toppen. Sie therapieren alleine durch ihre Anwesenheit, sie beruhigen, sie bestärken, sie motivieren – vorallem aber sind sie einfach immer mit da, im großen schwarzen Loch. Zu den big9, die immer da sind, kommen jährlich wechselnd Rehkitze in die Aufzucht. Auch hier brachte dieses Jahr sieben sechs besondere Exemplare in unsere Obhut, die meine Seele auf ganz eigene Art für sich vereinnahmten.

Neben meinem Herzmenschen gebührt dieser Einrichtung, der Arche Brandshagen, ihrem Menschen Gudrun und allen Vierbeinern dort mein ganz besonderer Dank in diesem Jahr. Vielleicht klingt es in manchen Ohren pathetisch oder drüber, aber es ist, wie es ist: Denke ich an den Anfang des Jahres zurück – ohne die Arche und ihre Menschen und Tiere wäre ich nicht mehr.

 

Traumatisiert und depressiv auf Arbeitsuche

Übermorgen „feiert“ der Ryckweg zweiten Geburtstag und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie lange vor dem 9. Dezember ich mit mir rang und mir haderte, ob ich das wirklich möchte. Die Idee kam mir im Oberharz, während der Reha, in der wir alle möglichen Strategien entwickelten, um unsere mentale Gesundheit auf Vordermann zu bringen. Möchte ich mein Leben mit all der Traurigkeit und Trauer, der Depression und PTBS „öffentlich“ machen? Sind die Kommentare und gedrückten Sprüche von „guten Bekannten“ und aus dem entfernteren Bekanntenkreis nicht schon schlimm genug? Möchte ich mich wirklich einmal mehr angreifbar machen und damit auch denen das Wort geben, die mich gar nicht kennen oder dich mich nicht leiden können, für die ich immer noch und immer weiter ein Feindbild bin? Gerade nach den Jahren 2015, 2016 bin ich für viele eigentlich unbedeutende, aber eben auch für eine ganze Reihe „narzisstische Pöstchenbesetzer*innen“ regional und politisch ein rotes Tuch. Werde ich es vielleicht irgendwann bereuen, denn das Internetz vergisst ja nixx und wer weiß, was in zwei, drei, trölf Jahren ist?

Derweil sind wir zwei Jahre weiter, zwei Jahre, die es in der Tat in sich hatten, denn neben allem persönlichen Ungemach und meiner psychischen stark unterzuckerten Widerstandskraft, suchte uns „das Virus“ heim.

Leser*innen wissen bereits, das Corona-Virus war nie mein Problem, die Menschen schon. Ich halte mich von Anfang an an die Empfehlungen und Regeln. AHA, AHA+, Mundschutz, Desinfektion und ganz besonders Abstand scheinen vorprogrammiert in meiner DNA, so leicht fällt mir das.

Die Kontaktbeschränkungen fielen schon schwerer – allerdings auch nur die, die sich gezielt gegen meine Lieblingsmenschen richtete – Silke, Felix, Annika, Gudrun, Elisa, Jaci, Liv – sie nicht oder nur sehr eingeschränkt sehen und eine viel zu lange Zeit nicht knuddeln zu können, das war wirklich arg.

  • Kino, Konzerte, Massenveranstaltungen, Veranstaltungen mit hunderten Leuten  in geschlossenen Räumen sind mir seit Jahren ein Graus und wann immer es möglich war, besuchte ich solchen Trubel nicht.
  • Klar finde ich den Mundschutz lästig, gerade mit meiner eingeschränkten Nasenatmung und meinem allergischen Asthma, im Frühling etc. auch mehr als nur lästig. Aber auch eben nur lästig. Ich fühle mich nicht bedroht, nicht in meiner Meinung eingeschränkt – denn ich denke mit dem Kopf und  nicht mit dem Stück Vlies oder Stoff vor Mund & Nase.
  • Zum Thema Abstand beliebe ich stets zu scherzen, dass ich noch nicht weiß, wie ich den Mitmenschen nach Corona wieder beibringe, dass ich meinen Abstand gerne wieder auf 5 Meter ausgeweitet hätte. 1,50 Meter sind ja für mich, gerade in der Pandemie schon beinahe Kuschelkurs.
  • Händewaschen, Thema für die Wenigsten um mich herum, dünkt es mir, erlangte leider auch nicht mehr Popularität durch das Virus.
  • Händedesinfektion, für mich offenbar grundsätzlich wichtiger als für viele, viele andere. Während Supermärkte & Co. teilweise sehr gut mit Desinfektionsstationen ausgerüstet sind, vermisse ich sie besonders in Arztpraxen.

Recht bald nach der 1. Welle, in der ganz viele Menschen noch ganz viel Verständnis aufbringen konnten – lief das Leben mit und in der zweiten Welle teilweise aus dem Ruder und brachte es Deutschland jetzt, zwei Jahre weiter in eine nie dagewesene GesundheitsKrise. „Die da oben“, die Politiker*innen taten das Ihre dazu. Allerdings sind es die Menschen außerhalb der Bundes- und Landespolitik, nämlich die Bürgerinnen und Bürger dieses unseres Landes, die die Gefährlichkeit des Virus massiv, mit viel Gewalt, Hass, Hetze, Lügen und Falschmeldungen derart mästeten, dass wir nun in der 4. Welle mehr Zwie- und Niedertracht, Wut und Hass erleben, als je zuvor. Nicht umsonst lassen sich manche Prominente zu Aussagen verleiten wie „Es ist Krieg!“

Irgendwo da mittendrin bin ich. Gesundheitlich und psychisch angeschlagen, setze ich Maßnahmen um,  bin dankbar, dass ich meine Therapie weiterführen kann, wenn auch nur online oder telefonisch, entwickeln sich neue Ängste, pflege ich meine Geduld mit mir und meinen Mitmenschen, mache ich es mir mit meinem HerzMenschen und meinen Lieblingsmenschen so schön wie möglich, bemühe ich mich ins Leben zurückzufinden, bewerbe ich mich und sehe mich wieder mit Dingen konfrontiert, mit denen ich noch weniger zurecht komme als früher. Das ärgert und frustriert mich. Ich weiß gar nicht mehr, für wieviele Migrant*innen ich Unterstützung bei Formularen und Bewerbungen war, sie begleitete auf Ämter und Behörden und so mancher/m Sachbearbeiter/in den Zahn der Überheblichkeit zog. Wie eine Löwin stellte ich mich vor die Menschen, die sich noch nicht selbst wehren konnten und handelte mir damit auf Dauer so manchen unrühmlichen Titel ein. Da nutzten auch die letzten drei Jahre Ryckzug nichts, da half auch die Pause nicht, die ich für mich und mein Wohl in Anspruch nahm – mancher/m die/der meinen Namen hört bekommt bestenfalls Puls. Aber auch die „einfachen“ Hater, die kleinen und größeren Nobodys der internetten Gesellschaft in asozialen Medien, haben mit Corona nicht genug zu tun und suchen Gelegenheiten.

Von daher  waren die Überlegungen, ob ich mein Leben mit Depressionen & Co. öffentlich mache schon nicht ganz unbegründet. Aber – no risk – no fun.

Jetzt gerade stellt sich eine ganz andere Frage. Die Thematik hier in überwiegend Selbstgesprächen, aber eben auch hin und wieder öffentlich zu diskutieren ist das Eine – Wie aber gehe ich damit in Bewerbungen, auf der Arbeitsuche und potentiellen Arbeitgeber*innen gegenüber um?

Ich denke 3 Jahre zurück. Mit dem 3. befristeten Projektvertrag in der Tasche fuhr ich mit Depressionen in die Tagesklinik ein. Drei Wochen später wurde ich von meiner Arbeitgeberin zu einem Personalgespräch über Whats-App geladen. Ähm, danke, aber danke Nein. Ich bin krank geschrieben. Zwei Tage später erhielt ich die Kündigung – die natürlich nichts mit meiner Krankheit zu tun hatte und rein zufällig nur wenige Tage vor Ablauf der halbjährigen Probezeit ausgesprochen wurde.  Das war nicht nur maßlos enttäuschend, sondern riss mir nun komplett den Boden unter den Füßen weg und verlängerte vieles um ein vielfaches. JaJa, nicht alles, was im Namen christlichen, kirchlichen oder sozialen Bezug hat, … das kennen wir ja von politischen Parteien, von denen in diesem Fall nur noch ein U übrig bleibt.

Auf der anderen Seite war dieser Schlag in die Magengrube vielleicht genau das, was ich brauchte? So sehr ich mich darauf gefreut hatte, meine tolle Arbeit weiterzuführen und egal welche Ideen und Pläne ich für den „Verein“ hatte, nun hatte ich ungewollt die Zeit für mich, die ich tatsächlich brauchte. Mit der Kündigung in der Hand konnte ich den Ryckweg antreten – wer weiß, ob mir das anders gelungen wäre? Eine Arbeit, die ich bisher annahm, übernahm ich mit Leidenschaft und Herzblut, mit ihr und der/m Arbeitgeber*inn konnte ich mich zu 100% identifzieren und das 24 Stunden am Tag. Da schaut bigi nicht auf die Uhr und macht Dienst nach Vorschrift. Wohlwissend, dass das mit ein Grund für den Zusammenbruch war, hat sich diese Sichtweise nicht unbedingt verändert. Ich muss mich mit Arbeitgeber*innen identifizieren können, muss hinter ihnen und dem Produkt oder der Dienstleistung stehen – sonst kann ich nicht funktionieren. Ich möchte nicht reich werden, sondern mein Auskommen haben. Ich brauche kein anhaltendes Lob, wie super ich bin oder wie wichtig, sondern möchte selbst das Gefühl haben etwas zu bewegen, etwas getan und geleistet zu haben und mit Zufriedenheit in den Feierabend. Kürzer treten ja – weniger Stunden, nur noch Teilzeit ja, das bekomme ich hin, das sehe ich ein, das muss sein. Aber an der Liebe zu dem, was ich tue lässt sich nicht kürzen und rütteln.

Darum gehe ich auch offen in die Arbeitsuche – obwohl das mindestems einem ganz wichtigen Herrn beim JobCenter nicht wirklich passt, sieht er soch das Problem der Vermittelbarkeit und die Sorge, ich könne an seinen Zahlen und Statistiken kratzen. Aber was nutzt es mir einen Job anzutreten, der mir vielleicht sehr gut liegt, aber Anforderungen an mich stellt, die ich vielleicht so nicht erfüllen kann. Dann bin ich in wenigen Monaten wieder dort, wo ich am 9.12. war.  Es ist nur fair mit offenen Karten zu spielen – mir gegenüber und potentiellen Arbeitgeber*innen gegenüber. Ich möchte weder meinen Lebenslauf frisieren noch in Interviews rumdrucksen müssen, wenn mir unerwartet Fragen gestellt werden.

Die Trauer und Traurigkeit, eine schwarze streunende Katze

Die Depression, ein schwarzer Hund

Die PTBS, ein dicker schwarzer Mistkäfer

Ich habe gelernt, mit diesen drei Spezies zu leben und mit ihnen umzugehen. Das gelingt mir mal besser mal schlechter – und ja, Corona macht es verdammt schwer. Aber ich habe das große Glück eine tolle Therapeutin und wunderbare Menschen um mich zu haben, die diese Psychotherapie mit ihrer Liebe und Freundschaft „absichern“. Nicht umsonst absolviere ich die kommenden zwei Jahren „nebenher“ über die ATN meine Ausbildung „Tiergestützte Intervention“, denn so wie die Arche Brandshagen für mich Therapiezentrum und die Tiere dort Therpeuten sind, so wünsche ich mir von Herzen, das anderen Menschen nach der Ausbildung anbieten zu können.

Mein Houtlandschaf Socke wird einen Teil der Ausbildung „Tiergestützte Intervention“ gemeinsam mit mir absolvieren.

Das alles lässt mich daran glauben, dass ich die passende Arbeit für mich finden werde. Mit Ehrlichkeit, Offenheit und meinem Willen.

Achja, nochwas:

Ich bin geimpft – zweimal – kann den Booster kaum erwarten und gehe davon aus, dass ich Ende Frühling auch nochmal auffrische… Denn mir sind maximal 4 kleine Piekser viel, viel sympathischer als mir mit Beatmungsschlauch & Co. ein Krankenhausbett teilen zu müssen.

 

 

 

Und plötzlich ist wieder alles dunkel,

stockdunkel, schwer, lähmend, im wahrsten Sinne den Atem beraubend, herzrasend, eiskalt, unglaublich traurig, aggressiv, schmerzhaft, schlaflos, ein Albtraum, Tag wie Nacht, Krampf – Kampf – bei gleichzeitiger totaler Schwäche, panisch, ganz klar in Watte, abstoßend, leidvoll, herunterziehend, tränenreiche TränenMeere, freudlos, wütend und mütend selbstmörderisch, verletztend, selbstverletzend, zerstörerisch, …

… und das sind nur die Symptome, die sich wie durch Geisterhand konspirativ  verabredet haben. Ich höre deutlich dieses  „Ich kann nicht mehr!“ und „Ich will nicht mehr!“. Noch funktioniere ich. Ich atme, lächele, ich scherze.

Da ist es wieder,

das schwarze Schaf

auf der wilden Wiese,

meiner Seele

und blökt mich an.

Tief in mir drin, der „Waschzettel“ für Wiese und Schaf – Strategien, Notfallplan, Therapie – wenn ich nur nicht so müde wär.