Psychologinnen Fluktuation

oder Therapeutinnenbäumchen wechsel dich

Das vierte Jahr der psychologischen Betreuung begann für mich mit einem weiteren Psychologinnenwechsel, sowie einer Erweiterung der Therapie mit einer Gruppentherapie im Rahmen der PSYRENA, eines Nachsorgeprogramms der Reha. Auch diese Gruppe wird von einer Psychologin geleitet.

Für mich bedeutet das, dass ich mich gerade auf Psychologin 6 und 7 einstelle, Vertrauen aufbaue, mein Innerstes nach Außen kehre. Das ist zunächst einmal sehr anstrengend und verwirrend.

Psychisches Durcheinander

Bei allem Durcheinander, psychischem Chaos und all den Verwirrungen, kann ich allerdings von „Glück“ reden. Denn es passt. Menschlich lag und liege ich mit allen Therapeutinnen auf einer Wellenlänge und auch wenn in meiner Seele und in meinem Kopf hin und wieder der Punk abgeht, ich fühle mich mit der sechsten und siebten Umstellung auf andere Gesprächsführungen, vielleicht andere Schwerpunkte, andere Therapieansätze gut aufgehoben. In den vier Jahren hatte ich nur letztes Jahr einmal „Pech“ und zwar während meines Aufenthalts in der Tagesklinik. Mit meiner dortigen Bezugspsychologin stimmte es zwar menschlich, allerdings hatten die sieben recht kurzen (zwischen 10 und 20 Minuten) Einzelsitzungen nur sehr wenig, wenn überhaupt therapeutischen, psychologischen Charakter. Aufgefangen wurde ich durch die Urlaubsvertretung, die mir in drei Sitzungen (teils bis zu zwei Stunden) mehr half und mit auf den Weg gab, als besagte Bezugspsychologin.

Entsprechend groß war meine Sorge in der Reha, wo ich erneut mit einer Urlaubsvertretung der liebgewordenen Psychologin zurechtkommen musste und Anfang diesen Jahres, als ich mich in „meiner“ Einzeltherapie zum dritten Mal auf eine neue und mit Beginn der PSYRENA auf eine weitere Gesprächspartnerin einstellen musste. Zudem trieb mich die Sorge, wie die Gruppe sei. Das Prinzip Gruppentherapie gestaltete sich nämlich auch in der Reha sehr schwierig. Zum einen waren die verschiedenen Gruppen (Schmerz, Angst, Depression etc.) zum Teil mit weit mehr als 10 Mitpatient*innen immer sehr groß, zum anderen wechselte die Gruppenzusammenstellung nahezu wöchentlich, was ein „Sich öffnen“ erschweren bis unmöglich machen konnte.

Doch auch in der PSYRENA habe ich „Glück“. Zwar ist die Gruppe mit bis zu 14 Mitmenschen plus Psychologin recht groß, aber:

  • Entgegen vielen Betroffenen habe ich die Möglichkeit, hier in meiner Stadt an dem Programm teilzunehmen. Andere müssen bis zu 50km zurücklegen, da es bei ihnen vor Ort kein entsprechendes Angebot gibt.
  • Ich hatte die Wahl zwischen zwei Gruppen (unter weiblicher und männlicher Leitung)
  • Die Gruppe ist relativ stabil, das heißt der Kreis der Betroffenen ändert sich „nur“ wenn die 25 Termine wahrgenommen wurden und nicht, wie in der Reha mit jedem An-/Abreisetag.
  • Die Gruppe ist durchweg menschlich, freundlich, den anderen Teilnehmer*innen gegenüber respektvoll und zugewandt.

Kurzum, ich fühle mich, die psychologische Betreuung betrachtend, gerade gut aufgestellt und aufgehoben. Es keimt die Hoffnung, dem winzig kleinen Licht am Ende des gefühlt ewig schwarzen Tunnels näher zu kommen. Mehr sogar. So habe ich heute einen enormen Schritt für mich absolviert. In der Einzeltherapie ging es zum wiederholten Mal um das Thema Suizidgefahr und Selbstmordgedanken. Bislang konnte ich mich lediglich dazu durchringen mein Versprechen zu geben, mich im Falle des Falles an eine Vertrauensperson zu wenden und mir Hilfe zu holen – allerdings verweigerte ich bis dato, dieses Versprechen auch mit meiner Unterschrift zu untermauern. Dieses ewige Eis des ultimativ letzten Ausweges brach meine Psychologin heute. Tatsächlich konnte ich mich in der Einzeltherapie heute darauf einlassen und habe dies in einem „Therapievertrag“ mit Schwerpunkt Suizidalitätklausel verbindlich unterzeichnet.

Ein klares JA zum LEBEN.

Ein klares JA zum LEBEN

Ein „Ja“, wie es mir in den letzten vierJahren nicht möglich war. Das heißt nicht, dass ich ab heute keine Selbstmordgedanken mehr haben darf. Dieser Vertrag bedeutet, dass ich keinen Versuch unternehmen werde aus dem Leben zu scheiden und mich verpflichte in Krisensituationen einer Art „Plan B“, einem Stufenplan (wenn festgelegte, ausgewählte Ablenkungs- / Vermeidungsstrategien nicht funktionieren: Kontakt Lebenspartner, Kontakt wesentliche Personen meines sozialen Umfeldes, Anforderung professioneller Hilfe, stationäre Aufnahme) zu folgen, den ich ebenfalls mit meiner Psychologin heute erarbeitet habe.

Unter dem Strich nicht nur ein großer Schritt für mich, sondern auch ein Behandlungserfolg für Nummer 6 meiner Psychologinnen. So ein „Therapeutinnenbäumchen wechsel dich“ kann also durchaus voranbringen, wenn Behandlerin und Patientin sich grün sind und eine stabile Basis für die gemeinsame psychotherapeutische Arbeit finden. Wenn sie gemeinsam einen Weg zuRyck ins Leben finden.

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