Großer schwarzer Hund – Großer schwarzer Vogel

Die Bilder, die an Depressionen erkrankte Menschen wählen sind schwarz und tierisch. Das große schwarze Loch scheint abgelöst. Vielleicht liegt es daran, dass sich die tierischen Vertreter*innen gemäß des Befindens eher verkleinern lassen.

Mein Bild ist derweil der große schwarze Vogel, der mir mit dem Schatten seiner gigantischen Flügenspannweite in den letzten Jahren das Leben verdunkelt hat. Derweil bin ich im vierten Jahr – vier Jahre mit viel Hoffnung und Resignation, Vorfreude und Erwartungsängsten, (Selbst)Liebe und (Selbst)Hass. Ein Auf & Ab, unter dem nicht nur ich, sondern auch meine MitMenschen leiden.

Erst die Depression und als wäre das nicht schon heftig genug, sich ihr zu stellen, gesellte sich im vergangenen Jahr die PTBS dazu. Aus dem nichts barst nach mehr als 40 Jahren der perfekten Verdrängung, des perfekten Verschlusses die Schatulle meiner Vergangenheit und ließ die darin eingepferchten Dämonen wieder frei.

Fand ich es vorher schon extrem schwer, mich meinem großen schwarzen Vogel zu stellen, sollte ich nun schmerzhaft lernen, was wirklich extrem schwer ist. Das alles hätte ohne meine wundervolle Psychologin nicht funktioniert. Ihre Zuwendung, Beharrlichkeit und ja auch Sturheit ließen mich an meine psychischen Grenzen und weit darüber hinweg gehen.

Die Behandlungsmethode schimpft sich IRRT – „Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy“

Die IRRT ist eine Therapiemethode zur Behandlung von UNTER ANDEREM PTBS

Visuelle und verbale Interventionen werden kombiniert, um Zugang zu belastenden traumabezogenen Bildern zu gewinnen, diese zu konfrontieren, zu transformieren und emotional zu bewältigen.
Quelle: https://www.irrt-deutschland.de/

Ich habe es gehasst, es hat mir Angst gemacht und mich anfangs unfassbare Überwindung gekostet. Dabei waren die regelmäßigen Videoaufnahmen nicht einmal das Schlimmste – sondern die daran anschließende tägliche Auseinandersetzung damit – das immer wieder selbstständige Ansehen, Anhören.und Dokumentieren.

Doch es wurde besser. Es wurde einfacher. Irgendwann gehörte das Ansehen der Imagination zum Alltag dazu, Gesagtes und Gesehenes verloren an Gewicht und Härte und damit wurde ich stärker.  Ich möchte niemandem etwas vormachen. Es tat zwischendurch richtig scheiß weh, das zu bearbeiten, was so tief in mir 4 Jahrzehnte schlummerte und ich wünsche mir heute noch, dass es nie, niemals nie ans Tageslicht gekrochen wäre. Aber es ist da – es war da – es war und ist wahr, auch wenn sich zu Beginn der IRRT alles in mir und an mir dagegen gewehrt hat.

Gestern hatte ich meine vorletzte Sitzung bei meiner Psychologin und sie unterzog mich dem IRRT-Abschlussfragebogen. Leider habe ich ihn im Netz nicht gefunden. Das Ergebnis war eine freudig lächelnde Psychologin. Frau L. schloss mit den Worten, dass die Diagnose PTBS nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Sicher gibt es noch das eine oder andere Symptom. Doch damit „kann ich um“.  Was bleibt ist die rezidivierende Depression, doch Frau L. erlebt mich sehr aufgeräumt und stark, so dass wir unserem letzten Termin kommenden Monat entspannt entgegensehen können. Natürlich gibt es zum Abschluss nochmal einen dicken Fragebogen, der ihre Einschätzung untermauern soll.

Für mich ist es schon seit Wochen ein etwas beklemmendes Gefühl,  der letzten Sitzung entgegen zu sehen. Neben der Tatsache, dass mir meine Psychologin echt ans Herz ge- und in meinen Wochenrhythmus eingewachsen ist, versuchen natürlich immer wieder Zweifel an mir zu nagen – ob ich das schaffe? Ob ich das kann? Komm ich alleine klar?

NATÜRLICH! Erstens habe ich immer nochmal die Möglichkeit Frau L. auf den Zünder zu gehen, zweitens habe ich mit meinem sozialen Umfeld und der Arche die besten Therapeuten neben Frau L. am Start und drittens, ist der große schwarze Vogel zur Zeit ein kleiner schwarzer Spatz, der mir immer wieder ins Ohr tschilpt, dass ich stark bin, dass ich gut bin, wie ich bin und ich ruhig auch ein bisschen stolz auf mich sein darf, denn:

„Menschen mit Depressionen, das sind für mich keine schwachen, sondern die stärksten Leute, die rumlaufen. Weil für sie jeder Tag ein Kampf ist.“
Zitat: Torsten Sträter

 

DANKE Frau Tonari! ♥

Vor fast zwei Wochen, flatterte eine bildhübsche NÖwe bei mir ins Haus, baute sich ihr Nest und war gekommen, um zu bleiben. (Ich berichtete: https://ryckweg.de/ueber-nacht-vom-virtuellen-suizid-bis-zur-stimmungs10 )

Heute möchte ich euch mehr von diesem Einzug und seinen Folgen berichten. Diesen Beitrag widme ich „Frau Tonari“, denn sie ist die Urheberin dieser unfassbaren und nachhaltigen Überraschung gewesen.

Es ist immer noch recht schwierig zu beschreiben,  aber ich versuche es. Auf den kürzesten Nenner gebracht kann ich seit dem Tag von NÖwes Landung sagen:

Mir geht es „gut“

Natürlich bin ich nicht von der Depression geheilt. Selbstverständlich gibt es schwarzdunkle Momente und Situationen tiefer Trauer, Traurigkeit und ja, auch Wut. Sicherlich habe ich immer noch einen langen Ryckweg vor mir,  bis ich von einer gewissen Stabilität sprechen kann, wieder eins mit mir bin…

Aber,

wenn es mir schlecht geht, schaue ich mir die NÖwe an, nehme sie in die Hand, ja, ich spreche auch mit ihr.

Wenn Herr Grübel sich einlädt und einzecken will, auf mein STOPP hört er ja schon lange nicht mehr, dann suche ich Schutz bei der NÖwe und irgendwie hat er vor ihr ordentlich Respekt!

Wenn ich nachts nicht einschlafen oder überhaupt schlafen kann, dann zähle ich mit der NÖwe Schäfchen.

Wenn ich die NÖwe ansehe, lächele ich.

Zudem war die NÖwe Initialzündung für Veränderungen in mir, mit mir. Vergangenen Dienstag bat ich meine Psychologin um eine PositivSitzung. Ich wollte nicht meine Ausraster, Heul- und Panikattacken, die Schmerzen und das große Loch thematisieren, sondern mal nur von dem erzählen, was „gut“ gelaufen ist. Meine Psychologin sagte, sie habe mich noch nie so erlebt. So strahlend, so aufgeregt im besten Sinne,  ja so positiv.

Der Aufhänger dieser Sitzung war die NÖwe, gefolgt von der quasi Fertigstellung meines Hofes, meiner Vogelbeobachtungsstation und natürlich von allem wundervollen, was rund um, auf und in der Arche passierte. Beim erzählen wurde mir bewusst, dass ich mich wieder richtiggehend freuen kann, dass ich etwas gefunden habe, was mir Spaß macht, Freude bereitet, mich erdet. Scherzhaft nenne ich es immer meine tiergestützten Therapien, aber da ist wirklich was dran. Ob NÖwe oder Möwen beobachten und fotografieren, ob Stunden am Fenster zu sitzen, mit dem Finger auf dem Auslöser um Rabbatzspatzen, Meisen, Amseln, Star, Nebelkrähe, Kleiber und Ringeltaube fotografisch abzuschießen – die Geduld, die ich dabei aufbringen kann, was vor wenigen Wochen noch absolut undenkbar war, wobei in den letzten zwölf Monaten Menschen und Dinge zu Schaden kamen. Ich komme raus und ich gehe raus. Ich gehe auf fremde Menschen zu und begeistere sie, z.B. für die Rehkitzrettung, die Arche. Ich traue mich und mir wieder. Und selbst, wenn sich alles in mir sträubt, ich nicht will, ich nicht mag, ich nichts lieber als den RyckZug antreten möchte – Ich kann mich wieder zu etwas zwingen und bin am Ende positiv überrascht, von dem was war und von mir.

… doch zwischen allen schwarzen Wolken, seh ich ein kleines bisschen Blau

singt Johannes Oerding in seinem Song „Alles brennt“. Genauso fühlt es sich gerade an – so fühlt es sich endlich mal wieder an. Endlich fühle ich wieder. Ich sehe das bisschen Blau, das berühmte Licht am Ende des Tunnels – wenn auch klein und mit viel Hinterfragen, den noc winzig kleinen aber erreichbaren kleinen Leuchtturm irgendwo dahinten am Horizont des RyckWeges. Es gibt sogar wieder eine kleine Perspektive, ein vorsichtiges „NachvorneSchauen“.

Alles auf Hoffnung, ganz zaghaft und vorsichtig.

Natürlich dürft ihr alle jetzt darüber nachdenken, ob das nicht auch ohne NÖwe so passiert wäre. Vielleicht. Vielleicht war dieses einzigartige Geschenk, dieses“einzigste“ für mich von einer Freundin in Auftrag gegebene und von einer fabelhaften Keramikerin getöpferte Unikat aber auch genau DAS, was es brauchte.

Danke, Frau Tonari. Danke, danke, danke.

Und Danke Gudrun – danke, dass ich sein darf auf deiner Arche – so wie ich bin.

Und natürlich Danke an meinen ♥Menschen, denn ohne dich wäre alles nichts, wäre ich nichts. Ich liebe dich!

Über Nacht vom virtuellen Suizid bis zur Stimmungs10

Herzlich Willkommen auf dem Stimmungskarussel

„Bitte schnallen Sie sich an, nehmen Sie Ihre Brille ab, schließen Sie Ihre Taschen am Körper und überlegen gut, ob und was Sie in den vergangenen Stunden zu sich genommen haben. Nicht, dass Ihnen der Freitagsfisch nochmal durch den Kopf geht.“

Emo fliegt auf – Emo fliegt ab – Das Leben fliegt mir um die Ohren.

Zugegeben sind mir Stimmungsschwankungen nicht fremd. Böse Zungen behaupten sogar, ich sei in meinen ersten Leben manchesmal „launisch“ gewesen. Zwar bemühe ich mich stets, nett und freundlich zu meiner Umwelt zu sein, doch wenn mich jemand triggert, einen wunden Punkt trifft oder einfach glaubt, dass sie/er bei ziemlich wenig Ahnung von der Materie, ziemlich viel und laut „Meinung“ haben darf, dann habe ich mindestens meine Gesichtszüge nicht mehr unter Kontrolle, kann böse, laut und sehr gemein werden und im allerschlimmsten Fall werde ich körperlich. Letzteres bildete sich mit der Depression bis zum Verlust der Impulskontrolle aus. Sehr unschön das. Spätestens in dem Moment, in dem nicht nur Porzellan oder „totes Material“ zu Bruch geht, sondern anderen Menschen körperliches Leid zugefügt, z.B. die Nase gebrochen wird – im Affekt, aber AU, bekomme ich in der Tat Angst vor mir selbst.  Daran habe ich die vergangenen Monate wirklich hart gearbeitet und bin zumindest soweit, dass ich wenn „nur“ mir Schmerzen zufüge und ansonsten vielleicht verbal entgleise, laut werde. Ein kleiner Fortschritt, ein kleiner Schritt zuRyck ins Leben. Die Hoffnung, diesen Fortschritt halten zu können, schwindet mit der Dauer der Corona-„Krise“, aber dazu vielleicht in einem anderen Artikel etwas mehr.

Fakt ist, meine Stimmungen gehen von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt, teilweise in wenigen Minuten. Aus diesem Grund führe ich ein Stimmungstagebuch, in dem ich das Auf & Ab dokumentiere, meine Gedanken und Gefühle dazu festhalte und den Wahnsinn mit meiner Psychologin auswerten kann. Zumal ich Morgen schon unter Umständen nicht mehr weiß, warum ich heute einen Nervenzusammenbruch, eine Panikattacke oder ein absolutes Hochgefühl ausgelebt, bzw. erlebt habe.

Die meiste Zeit verstehe ich nicht mal, warum ich vor zwei Minuten noch „fröhlich“ lächelte und plötzlich zu heulen beginne und ein tiefes Loch der Traurigkeit versinke.

Der virtülle Suizid

Genauso verlief auch die vergangene Woche. Ein einziges Auf & Ab, Hin & Her, von Ausgeglichen bis Hochspannung, von Hoffnung bis „Ich geb auf! Ich will nicht mehr!“ Hinzu gesellte sich die längst verdrängte Frau Migräne, die mich sprichwörtlich in die Knie zwang und deren Ausläufer mich heute noch zanken. Gestern war einer der ruhigeren, schöneren Tage, so empfand ich es zumindest noch bei Sonnenuntergang. Dummerweise ließ ich mich von meiner Technik überreden, Dinge zu tun, für die ich eigentlich keine Kraft und Nerven mehr hatte. Ich weiß es besser und trotzdem begann ich halbherzig mit Updates, Aktualisierungen – bis mir plötzlich eiskalt wurde – hatte ich doch mit ein oder zwei geistesumnachteten Klicks nicht nur das SynchronUniversum ins jenseits befördert (was zum Teil auch so geplant war), sondern mir auch den RyckWeg hier versperrt, um nicht zu sagen geschrottet. Weg waren sie, die beiden Blogs. Im digitalen Nirgendwo auf Nimmerwiedersehen. Das Ableben meines SynchronUniversums konnte ich noch so hinnehmen, doch die Dämlichkeit, die mich hat den RyckWeg auslöschen lassen machte mich nicht nur todtraurig, sondern auch extrem wütend. Körperlich meldeten sich gleich Frau Migräne und diese Tini Tussi. Egal, irgendwas muss noch gehen, das kann es nicht gewesen sein – nein, nein, nein, das will ich nicht. Am Arsch, wieso habe ich kein Backup? Verfickte Scheiße, warum klicke ich nachts noch im AdminBereich rum und operiere am offenen Herzen, wenn eigentlich nichtmal mehr in der Lage bin, mir die Nase vernünftig zu putzen?

Ich heulte Rotz und Wasser vor lauter Verzweiflung, als mir plötzlich eine Eingebung kam. Fragt mich bitte nicht woher? Mir fiel ein, dass ich mir gerade erst habe einen ProviderRestore kommen lassen – und da müsste doch, … – das könnte doch,… ich versuchte es einfach!

Es funktionierte. Um zwei Uhr letzte Nacht konnte ich problemlos wieder auf dem RyckWeg schlendern. Das SynchronUniversum war tot, aber auch hier hatte ich schon eine Idee, was ich aus dem brachliegenden Auftritt machen wollte – und setzte auch das noch „rasch“ in die Tat um.

PUH!

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bAUstelLE DePReSsiOn

…Depression, JahresBaustelle vor der Haustüre und Corona sind noch nicht genug

Dass Menschen mit Depressionen in CoronaZeiten besonders zu kämpfen haben, ist zwar allgemein bekannt, aber leider nicht allgemein bewusst. Es sind gerade die ganz wenigen Kleinigkeiten des Lebens, die einem Betroffenen noch Halt geben, Struktur bedeuten oder eben in ganz kleinem Ansatz Freude und Lebenssinn bereiten, die durch die enorm wichtigen und sinnvollen Einschränkungen wegbrechen. So schnell, wie diese Tagesbaustellen auf einer Autobahn, an der sich dann offenbar nichts zu tun scheint, wird die Depression verstärkt oder erneut zur gefühlt unüberwindbaren Baustelle. In Therapien mühsamst erarbeitete kleine Fortschritte können nicht ausgebaut werden. Im Gegenteil. Zum einen fallen diese wichtigen Therapien vielerorts weg oder werden mühsam in Telefonie- oder  Videositzungen aufrecht erhalten.  Zum anderen sind Ryckschritte an vieler Menschen Tagesordnung. So auch bei mir.

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Unsere Renten sind sicher…

oder wie sich Unverständnis und Ignoranz der Generation Ü60 in Zeiten von Corona zeigt.

Eigentlich ist es für OttoNormalBürger*innen in Deutschland ganz einfach:
  • Regelmäßiges gründliches Händewaschen und -desinfizieren;
  • 1,5 – 2 Meter Abstand halten und
  • ein einfacher MundNasenSchutz – als handelsüblicher, aber derzeit kaum bis nicht verfügbarer Mundschutz, selbst für GrobMotoriker und Ungeschickte selbst gefertigt, genäht, gekauft, designed, bzw. ein Tuch/Schal vor Mund und Nase,
  • ggf. Einmalhandschuhe (auch schlecht zu bekommen, aber hier tun es auch leichte Baumwollhandschuhe),
um mögliche (Tröpfchen-)Infektion zu MINDERN, nicht zu verhindern.
Regeln, Verbote & Empfehlungen
Diese Regeln und, was den MundNasenschutz betrifft, EMPFEHLUNG, sind neben den Reise-, Veranstaltungs-, Versammlungs- und KONTAKTVERBOTEN, wohl das Einfachste – sollte man meinen.
Meine persönlichen Befindlichkeiten, z.B. das Kontaktverbot betreffend, und jene Konsequenzen, die der Umgang mit diesem Virus derzeit auf meine Gesundheit und meine Therapien hat, außer 8 gelassen, weiß ich darum, wie schwierig für Familien, Alleinerziehende, Arbeitende gerade die Kinderversorgung ist. Andererseits zeigt mein Beispiel gleich, wie absolut übel es, um die Vorbildfunktion der älteren Personen bestellt ist. Wie sollen Schutz- und Hygienemaßnahmen da in Schulen und Kitas funktionieren? Auch sind mir die wirtschaftlichen, teils großen Probleme durchaus bewusst und ich fürchte, dass es auch viele Unternehmer*innen aus meinem sozialen Dunstkreis sehr hart trifft. Aber wie sollen wir das ganze in gesundene Bahnen lenken, wenn selbst die oben genannten einfachsten Regeln nicht befolgt werden?

HobbyMediziner*Innen und -Virulog*innen; Verschwörungstheoretiker*innen; Deutschlands TRUMPeltiere in Menschengestalt, Motzer*innen, Pöbler*innen Ignorant*innen

Mir machen schon seit Beginn der Pandemie viele Leute, deren Meinungen und Handeln viel, viel  mehr Angst, als das Virus und eine potentielle Ansteckung selbst.
Statt weiter gewissenhaft an einem Strang zu ziehen, wird gemotzt und gepöbelt. „Sollen DIE DA mir doch eine Maske stellen!“, „Dieser Quatsch bringt doch sowieso nichts!“, „Wieso soll ich im ÖPNV so ein Ding tragen, wenn ich doch eh meistens alleine im Bus sitze!“, etc. etc. etc.
Die Menschen sind aufgerufen, die Hochrisikogruppe Ü60 zu schützen; Kindern von ihren Großeltern fern zu halten; um alte Menschen einen großen Bogen zu machen. Meinereine war heute das erste Mal seit 4 Wochen wieder „einkaufen“ und ich weiß um den riesigen RyckSchritt, den das für mich bedeutet hat, und dass ich das so schnell nicht wiederholen werde. Sorry HerzMensch, aber das ist jetzt ultimativ deine Aufgabe. Wer keinen Bogen macht, ist die Hochrisikogruppe höchstselbst – im Gegenteil!
Bedingt durch die anhaltenden Bauarabeiten in unserer Straße, war ich gezwungen einen Bogen durch die Einkaufsmeile Greifswalds zu machen. Zunächst noch motiviert und zuversichtlich, mit Sonnenschein, MuNa-Schutz und Handschuhen ausgestattet, hätte ich beim Einbiegen in die Fußgängerzone am liebsten schon wieder umgedreht. Die Stadt voller Menschen (klar, die Sonne lacht und seit gestern haben die Geschäfte zum Teil wieder geöffnet); Menschenschlange vor einem Telefonanbieter, noch mit mindestens einem Meter Abstand – immerhin. Leute Ü60, die in Kleingruppen mitten auf dem Weg ein Pläuschchen hielten, mit ihren Fahrrädern wackelnd und Slalom fahrend, in beiden Richtungen unterwegs waren.  Angekommen am Drogeriemarkt meines Vertrauens, freute ich mich über die nicht vorhandene Schlagen davor. Mein Blick auf die Einkaufswagen sagte: „Okay, ich kann!“ und so zog ich mir meine Handschuhe an und betrat den Laden. Ca. 15 Kund*innen waren im Laden; neben mir trug noch eine ältere Dame einen MuNaSchutz und zumindest einen Handschuh an der Hand, mit der sie zu den Waren griff. Eine Kundin und ein Kunde (beide ungeschützt) waren deutlich unter 60. Der Rest, Personen Ü60, hielt weder was von Abstand, bzw. verließ sich darauf, dass die anderen den Abstand einhalten; fuhr mit den Wagen in meine Hacken oder stand mitten im Gang, telefonierend, Klääfchen haltend, sich wirr umschauend. Das mit dem Abstand funktionierte der Länge nach, ob der Länge des Einkaufwagens, seitlich allerdings, war den meisten Einkaufenden die Abstandsregel ziemlich wumpe.

Lächeln ging nicht mehr und ja, ich wollte sie alle töten!

Nun wusste ich was ich wollte, hatte meinen Einkaufszettel nicht auf dem Stubentisch liegengelassen, ging meinen Rundgang ähnlich im Slalom, wie in der Fußgängerzone, erhielt für mich systemrelevante Artikel (bestimmte Handseife, Desinfektionstücher etc.) nicht  und wurde mit jedem Regelverstoß zorniger und aggressiver. Zusätzlich machte sich die „alte Bekannte“ Panikattacke breit und am Ende war ich heilfroh, dass mein HerzMensch das Zahlen und Einpacken übernahm, weil ich komplett überfordert war.
Als ich dann beim Rausgehen noch einen renitenten Renter beobachtete, wie er trotz wirklich sehr höflicher und lieber Ansprache der Einzelhandelskauffrau, nicht warten konnte, bis sie den Einkaufswagen, den wir ihr gerade zuryckgaben, desinfizierte und ihr den förmlich aus Händern und Reinigungstuch riss, musste ich schon sehr mit mir kämpfen, um nicht auszurasten.
Wieder raus, hatte sich hier die Lage nochmals verschärft, noch mehr Leute, an mehr Läden Warteschlangen, keine davon mit Abstand. Puls, Herzrasen, Schwitzen, Schwindel, totale Verkrampfung und der kaum mehr zu bändigende Wunsch prügelnd Amok zu laufen.
Dieser erste kleine Schritt in die „Normalität“, dieser kurze Einkauf brachte mich weit über meine Grenzen und selbst jetzt, fünf Stunden später, stehe ich noch ziemlich unter Strom.
Mit den allerletzten Resten meines rheinischen, schwarzen Humors und einer ordentlichen Portion Sarkasmus komme ich zu dem Fazit, dass zumindest unser Rentenproblem sich offenbar mittels Corona löst. Denn wenn die Hochrisikogruppe Ü60 sich in Teilen weiter so ignorant, unvernünftig und unsozial verhält, wird die Zahl der Rentenempfänger*innen wohl in nächster Zeit ordentlich sinken.

iFightDepression

Morgen ist es wieder soweit. Meine zweite virtülle Therapie-Einzelsitzung. Die „Vorfreude“ (total bescheuertes Wort, aber mir fällt kein besseres ein), hält sich noch in Grenzen. Die wöchentlichen Gruppensitzungen gehen mir enorm ab und so versuche ich, der alternativen Einzeltherapie gegenüber,  so offen wie möglich zu stehen, damit diese weiterläuft und mir nicht auch noch wegbricht. Das wäre in meiner momentanen Verfassung fatal!

Indes wurde ich von einer Freundin auf ein weiteres Online-Angebot aufmerksam gemacht.

iFightDepression

iFightDepression ist ein Angebot der „european alliance against depression“, in der Regel für professionell begleitete Betroffene und zielt auf die Selbstmanagement-Ressourcen ab.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten um die psychische Gesundheit zu stärken. Hier lernen Erkrankte, wie sie sich selbst helfen und mit einer Depression umgehen können. Grundsätzlich ist das Angebot immer kostenfrei, wird normalerweise aber nur „begleitet“ angeboten, das heißt es kann von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen für ihre Patient*Innen freigeschaltet werden. Die Begleiter*innen sind dann auch Ansprechpersonen bei Fragen, und wenn es mal nicht gut läuft. Aufgrund der aktuellen Lage wird in den kommenden Wochen eine Ausnahme gemacht und die Allianz lädt alle herzlich ein,  sich die Inhalte von iFightDepression anzuschauen und die Übungen auszuprobieren. Es werden im Text trotzdem ab und an Hinweise auf die professionellen Begleiter*innen gegeben, sowie mögliche Notfallkontakte gelistet.

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Strategie VitaminB

Mit Vitamin B gegen  Herrn Grübel und Frau Tus

Wie viele von euch und auch ich aus der Einzel- und diversen Gruppentherapien wissen, ist Herr Grübel ein unerfreulicher Zeitgenosse, der viel Kraft und Energie saugt. Auf einen Nenner gebracht heißt es, dass nachdenken gut und grübeln schlecht ist, da Herr Grübel einen überall hin entführt, nur nicht zu einem Ergebnis.

Fakt ist, dass es gar nicht so einfach ist, Herrn Grübel die Stirn zu bieten. Da können wir nachdenken wie wir wollen, uns Ablenkungen suchen und alternativen Gedankenpfaden folgen, er ist nicht selten sturer und hat mehr Sitzfleisch, als die gesamte Depressionsliga.

Heute begleitete er mich unverschämter Weise in die Wanne, die ich zwecks Entspannung, der morgendlichen Dusche vorzog. Für ein kleines SocialMedia-Projekt machte ich ein Foto und schwupps quatschte er mir rein. Das kann ich ja leiden – Gespräche am frühen Morgen, noch vor der ersten Kippe und dem ersten Kaffee… Ich ließ ihn labern und versuchte Herrn Grübel zu ignorieren. Leider funktionierte das nur so semi gut, da er sich mit Frau Tus, Tini Tus zusammentat und mir nun beide Schallereignisse im Kopf produzierten.

Ich starrte weiter auf das Foto, bearbeitete es, stellte es online und machte mir meine Gedanken dazu. In dem Moment siegte der kleine Denk. Er tunkte Herrn Grübel und Tini Tus für einen kurzen Augenblick unter Wasser und meinereine gelangte über das Bild und das Baden zu den bedeutetenden Bs. Schnell stellte ich fest, dass es einige viele Bs gibt, die in meinem Leben – gerade auch und besonders in der Depression – eine wesentliche und gesunde Rolle spielen. Aus den Bs wurde Vitamin B.

Vitamin B?

Vitamin B ist ein Vitaminrudel, bestehend aus acht Vitaminen. Sie finden sich in unserer Nahrung. In unseren Körpern sind sie  an allerlei wichtigen und lebensnotwendigen Prozessen beteiligt.

Vitamin B ist darüber hinaus ein geläufiger Begriff für spezielle soziale Beziehungen. Sie können im gesunden Maße dafür verantwortlich sein, dass wir bekommen, was wir uns wünschen, schwer erreichbaren Zielen näher kommen oder auf der Karriereleiter eine oder mehr Sprossen überspringen können.

Vitamin B darf und kann also durchweg als „gut“ und „positiv“ betrachtet werden. Wie bei allem gilt natürlich: „Die Dosis macht das Gift!“ und am Ende  dieses Strategiespiels stelle ich fest, dass es auch jetzt gutes und positives in meinem Leben gibt – ich muss mich „nur“ darauf besinnen:

Mein VitaminB-Rudel

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Psychologinnen Fluktuation

oder Therapeutinnenbäumchen wechsel dich

Das vierte Jahr der psychologischen Betreuung begann für mich mit einem weiteren Psychologinnenwechsel, sowie einer Erweiterung der Therapie mit einer Gruppentherapie im Rahmen der PSYRENA, eines Nachsorgeprogramms der Reha. Auch diese Gruppe wird von einer Psychologin geleitet.

Für mich bedeutet das, dass ich mich gerade auf Psychologin 6 und 7 einstelle, Vertrauen aufbaue, mein Innerstes nach Außen kehre. Das ist zunächst einmal sehr anstrengend und verwirrend.

Psychisches Durcheinander

Bei allem Durcheinander, psychischem Chaos und all den Verwirrungen, kann ich allerdings von „Glück“ reden. Denn es passt. Menschlich lag und liege ich mit allen Therapeutinnen auf einer Wellenlänge und auch wenn in meiner Seele und in meinem Kopf hin und wieder der Punk abgeht, ich fühle mich mit der sechsten und siebten Umstellung auf andere Gesprächsführungen, vielleicht andere Schwerpunkte, andere Therapieansätze gut aufgehoben. In den vier Jahren hatte ich nur letztes Jahr einmal „Pech“ und zwar während meines Aufenthalts in der Tagesklinik. Mit meiner dortigen Bezugspsychologin stimmte es zwar menschlich, allerdings hatten die sieben recht kurzen (zwischen 10 und 20 Minuten) Einzelsitzungen nur sehr wenig, wenn überhaupt therapeutischen, psychologischen Charakter. Aufgefangen wurde ich durch die Urlaubsvertretung, die mir in drei Sitzungen (teils bis zu zwei Stunden) mehr half und mit auf den Weg gab, als besagte Bezugspsychologin.

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Von Wortfindungsstörungen

und Erklärungsnöten

Wie kann ich? Wie soll ich? Wie sag ich? Gemeinhin gelte ich als kreativer Mensch mit der Fähigkeit sich in Wort und Bild auszudrücken. Ich könne mich ausdrücken, wie Dali malte, war eines der schönsten Komplimente, das ich je erhielt. Meine Bilder, fotografiert oder gemalt bringen Freude und zaubern Lächeln in Gesichter. So weit die Theorie.

Während das mit den Bildern noch ganz gut funktioniert, hat sich meine Sprache auf ein Minimum reduziert, wenn es darum geht zu beschreiben, wie es mir geht, was mit mir los ist. Dieser Kopffick lässt sich nich in Worte fassen.

Es liegt in der Natur der mich umgebenden Menschen, Anteil zu nehmen. Neben ganz viel Neugierde, sind es natürlich die Menschen aus meinem engsten Umfeld, die wirklich interessiert sind daran, wie es mir geht, die ihre Hilfe anbieten, zuhören möchten, ja vielleicht sogar ähnliche Erfahrungen machten, an denen sie mich teilhaben lassen möchten. Indes schnürt sich in mir alles zusammen. Totale Verspannung und Anspannung, bis nicht nur die Muskeln, sondern alles dicht macht.
Frau Depression zeigt sich gestärkt durch meine Störungen und Nöte. Je mehr Kopffick, desto weniger Worte und Erklärungen, desto mehr Ryckzug. Wie soll ich anderen Menschen begreiflich machen, was ich selbst nicht verstehe? Immer dann, wenn ich glaube, jetzt habe ich einen Ansatzpunkt, zieht sich der Knebel aus Stacheldraht einmal weiter zu.

Knebel aus Stacheldraht um die Zunge. Quelle Original: www.erfan.ir/farsi/
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